Dal giardino (47)
24. November 2023
Ciao a tutte e tutti,
was haben Rotkehlchen, Girlitz und Gartenbaumläufer gemeinsam?
Sie leben im Park der Villa Massimo und sie sind in diesen Tagen gut zu hören.
Es sind so viele verschiedene Vogelarten, die mittlerweile im Park leben, denn im Grunde ist der Villa Massimo Park ein Juwel für sie.
Die einen bleiben das ganze Jahr über, die anderen sind nur für ein paar Monate zu Gast: es sind die Meisen und die Mönchsgrasmücken, der Garten-Rotschwanz (der noch nicht auf der Liste auftaucht) und die Amseln, um nur einige der Singvögel zu nennen.
Heike Hanada hat im Jahr 2022 eine Liste zusammengestellt, die ich euch gerne weiterleite. Sie hat gut 30 Vogelarten bestimmt. Meistens mit der App Bird_net. Denn es gibt nicht viele unter den Rompreisträger*innen, die geübt darin sind Vogelstimmen zu erkennen. Meist sieht man die Singvögel erst auf den zweiten Blick. Sie sind sehr klein und geschickt darin, sich zu verstecken.
Was ich mit Sicherheit sagen kann, ist, dass oben an der Terrasse die schwefelgelben Girlitz Familien hausen. Der metallische Gesang eines einzelnen Vogels hat den Anschein, als seien es viele, aber es könnten auch nur wenige sein. Hin und wieder sehe ich gelbe kleine Vögel fliegen. Sie geben den stillen Zypressen etwas lebendiges.
An der Hauptpforte leben die Rotkehlchen. Ihr Gesang, gemeinsam mit dem Gezwitscher der Baumläufer, ist in diesen Tagen eine Begrüßung. Das Vogelkonzert weitet sich im Laufe der Zeit aus, denn die Hauptgesangszeit beginnt nach dem 2. Februar, wenn die Tage wieder länger werden.
Natürlich gibt es ein sehr lautes, exotisches Kreischen im Park, das nicht zu überhören ist. Es sind die Sittiche. Sie fliegen immer im Pulk zu Mehreren und flitzen lautschreiend zwischen den hohen Immergrünen hin und her – am liebsten von Baumspitze zu Baumspitze. Es sind Halsbandsittiche, die ein wunderschönes Federnkleid besitzen. Hin und wieder liegt eine gelbe Feder am Boden. Sie will so gar nicht in das Mediterrane passen, sondern kommt von ganz weit her, aus Kleinasien. Die Vögel sind ausgewildert und sie sind hier, um zu bleiben. Mittlerweile haben sie alle Blüten- und Obstsorten für sich entdeckt und räubern alles, was sie finden.
Die Möwen, die auf dem Dach der Villa leben, sind zurzeit weniger zu hören. Wenn die jungen Möwen schlüpfen, müssen sich die Männer auf dem Gelände in Acht nehmen, denn sie werden regelrecht vom Möwenpaar attackiert, weil ihre Eltern das Revier verteidigen. Frauen waren von den Angriffen in den letzten beiden Jahren weniger betroffen.
Die römische Stadtnatur fasziniert. Aufgrund der Lage am Mittelmeer hat sich die Stadt zu einem echten Ankunftsort für viele Arten aus der ganzen Welt entwickelt. Sie leben in den abertausenden Nischen der alten und neuen Stadtgemäuer und finden überall Rückzugsorte. Nahrung gibt es auch in jeder Form. Das heißt, i.d.R. etablieren sich die neuen Arten.
Vögel, die den Park der Villa Massimo einmal gefunden haben, kehren immer wieder dorthin zurück. Es gibt genug Samen und Beeren, Ameisen und Käfer, und viele Bienen – täglich sterben mehrere Hundert Bienen pro Stock – und auch allerlei Material zum Nestbau. Seit Neuestem finden die Vögel (und natürlich auch die Hummeln) Rohwolle, die von Folke Köbberling aus den Abruzzen organisiert wurde und im Park zwischen den Akanthus als Mulchmaterial eingesetzt wird.
Gestern, kurz vor Sonnenuntergang, habe ich die ersten Stare gesehen. Sie haben ihr Überwinterungsziel erreicht. Denn viele Stare bleiben in Rom zum Überwintern, während andere bis nach Afrika fliegen. Ich sah sie gestern oben auf den Hochleitungsmasten am G.R.A . sitzen. Schwärme von Staren, die auf dem Weg in die Stadt waren. Stare fliegen seit Jahrtausenden nach Rom, denn früher war das Land südlich von Rom Sumpfland (Pontinische Sümpfe), an den Hängen des Appenino werden seit 8000 Jahren Olivenbäume kultiviert, außerdem wachsen hier Mandelbäume, Walnussbäume und Esskastanien. Die Menschen haben seither gegärtnert und so gab es für die Stare immer genug Futter. Kurz vor Sonnenuntergang fliegen Millionen von Staren während der Wintermonate aus dem Umland in die Stadt, wo sie auf den hohen Baumgipfeln übernachten. Auf dem Weg zu den Baumgipfeln werden sie am Himmel von den Falken gejagt. Zur Verteidigung bewegen sie sich geschickt in Formationsflügen und zeigen sich als wahre Flugkünstler. „Starling Murmuration“ – ein Naturphänomen am römischen Himmel. Gut zu beobachten von den Hügeln aus – vom Aventin oder vom Janiculum. Im alten Rom gab es die sogenannten Auguren, römische Beamte, die den Götterwillen verkündeten, indem sie „beim augurium aus dem Flug und dem Geschrei der Vögel und anderer Tiere“ lasen. (vgl. Wikipedia)
Die Stare kamen im Dezember 2021 in den Villa Massimo Park und waren für 3 Nächte hier. Es war unglaublich beeindruckend, aber es war auch fatal.
Der Gestank von Vogeldreck und die Aufräumarbeiten, die mehrere Tage dauerten und das Fällen einer über hundertjährigen Pinie, die über die Viale XXI Aprile ragte und schon von Weitem sichtbar war. Die Hilflosigkeit gegenüber einer Million Vögel, die uns über die Tage übermannt hat, denn die Vögel kamen um kurz nach halb fünf angeflogen und ließen sich nach einer halben Stunde Orientierungsflügen oben auf allen Baumspitzen nieder. Mit wildem Geschrei und unaufhaltsam.
Wir brauchen einen Falkner, der uns rettet. Das war nach der zweiten Nacht klar. Denn wenn er den Falken für 10 Minuten fliegen lassen würde, wäre der gesamte Schwarm im Nu vertrieben. Zu kostspielig. Wir haben es dann anders gelöst: mit den Sounds von Falken (aus dem Internet) und großen Lautsprechern, die im Park verteilt wurden, konnten wir sie vertreiben. Es hat funktioniert.
Wir sind gespannt, ob sie in diesem Jahr wieder kommen. Im letzten Jahr kamen sie nicht. Ob sich der Schwarm daran erinnert hat? Wie lange dauert die Erinnerung an? Es ist herzzerreißend sie zu vertreiben, denn wo sollen die Stare hin, wenn sie überall vertrieben werden? Auf dem großen Friedhof (Cimitero Campo Verano) übernachten sie immer noch.
Die Starenschwärme waren schon vorher da – vor der Entwicklung der Stadt. Wie lässt sich Koexistenz, gutes Zusammenleben von Natur und Mensch, sinnvoll gestalten?
Mit vielen Grüßen,
Erika